4. Basisanalyse für ein Flexibles Fertigungssystem (FMS)

4.1. Ausgangspunkt

Wir gehen von einem typischen FMS im Werkzeugmaschinenbau, wie es in ENGELIEN/STAHN 1989 (S.250ff.) beschrieben wird, aus. Es bestehe aus vier Bearbeitungszentren (CBFK) zweier Klassen, drei Spannplätzen (SP), von denen einer (Spannplatz B) auch als Kontrollplatz genutzt wird, einer Entspanstation (ES) und einem schienengebundenen Transportroboter (STR). Lagermöglichkeiten seien in Form von 16 Lagerplätzen sowie zwei Zwischenlagerplätzen vorhanden. Ein Lager für die Vorrichtungen, Werkzeuge und Prüfmittel (VWP) komplettiert das System.


Fertigungsleitrechner |        _________________             ___
K 1630       BC A5130 |       |                 |           |   |
mit  CAMARS-Steuerung |       | Zwischenlager-  |           | V |
______________________|       | platz A         |           | W |
 _______   _______   _______   _______   _______   _______  | P |
|       | |       | |       | |       | |       | |       | |   |
| CBFK1 | | CBFK2 | | CBFK3 | | SP.A1 | | SP.A2 | | CBFK4 | |   |
|__   __| |__   __| |__   __| |__   __| |__   __| |__   __| |___|
   | |       | |       | |       | |       | |       | |
           __| |__                                      
----------|   ^   |----------------------------------------
      <-- |   |   | -->  STR                               
----------|__ v __|----------------------------------------
             | |                                           
 __| |__     ____________________________       __| |__  _______
|       |   |                            |     |       |        |
|  ES   |   |     16 Speicherplätze      |     | SP.B1 |        |
|_______|   |____________________________|     |_______|        |
                                                                |
                                               | Zwischenlager- |
Flexibles Fertigungssystem FMS 2200 im         | platz B        |
VEB Werkzeugmaschinenfabrik UNION Gera         |________________|


Layout eines Flexiblen Fertigungssystems



Die wichtigsten Bestandteile des FMS sind die vier Bearbeitungszentren. Sie führen die eigentlichen Bearbeitungsoperationen aus. Der Grad ihrer Flexibilität ist ausschlaggebend für die Flexibilität des gesamten Systems. Deshalb kann jedes Bearbeitungszentrum eine Vielzahl von Arbeitsgängen ausführen.

Jedes Bearbeitungszentrum verfügt über einen Werkzeugspeicher, der 40 bis 80 Werkzeuge aufnehmen und automatisch wechseln kann. Außerdem können die Werkzeuge im Werkzeugspeicher durch andere ausgetauscht werden, so daß damit noch größere Bearbeitungsmöglichkeiten entstehen. Eine solche, sich aktuell auf einem Bearbeitungszentrum befindliche Gruppe von Werkzeugen heißt Werkzeugsatz.

An der Entspanstation werden die bearbeiteten Teile von Spänen gereinigt. Diese Aufgabe übernimmt ein Entspanroboter, der durch eine PC 600 gesteuert wird. Die Entspanstation benötigt keine besonderen Werkzeugsätze oder NC-Programme.

Die sechzehn im System vorhandenen Lagerplätze dienen der Zwischenlagerung von Systempaletten mit oder ohne aufgespannte Werkstücke.

Das Transportsystem besteht aus einem schienengebundenen Transportroboter (STR) und dem Schienenweg. Es dient zum automatischen Transport der Systempaletten zwischen den Elementen des FMS. Durch das Transportsystem wird die Strukturrelation der Systemstruktur, die Erreichbarkeitsrelation, realisiert. Der STR kann immer nur eine Palette befördern.

Der VWP-Operator führt die Werkzeugsatzbereitstellungsoperationen aus. Er ermittelt Werkzeugkorrekturwerte und überwacht die Standzeit der Werkzeuge. Der VWP-Operator besteht aus einer Menge von manuellen Arbeitsplätzen.


    Arbeitsplatz-             Bemerkung                 AGN  TA   TS     APG   Bemerkungen                  
gruppe    bezeichnung                                                                                       
                                                        010  38   86   21364   FRAES.PORT                   
21235     CBFK 150-1 (1)      Bearbeitungs-                                    OB.SEITE U.ANSCHRB.FLAE.     
          CBFK 150-1 (2)      stationen                                        M.A1                         
                                                                               2 STCK.SPG.                  
21238     CBFK 130-1 (3)      Bearbeitungs-             013   0    0   21890   EINSCHLEUS.                  
          CBFK 130-1 (4)      stationen                 015  55   18   21868   #PV:V0122156                 
                                                                               AUFSPANN.                    
21850     Entspanstation                                020  50  129   21238   #PV:W0400156-N0100156        
                                                                               BO.HORIZ.FRAE.               
21868     Spannstation A      Zwei Plätze                                      FUSZFL.KPL.(HOCHSTELL.)      
          Spannstation B      Ein Platz                 030   0   15   60404   #KO:03                       
                                                                               PRUEF.N.GPV                  
21890     Einschleusplatz A   an Spannst. A             040   0    7   21868   ABSPANN.                     
          Einschleusplatz B   an Spannst. B             045  22   23   21868   #PV:V0100157                 
                                                                               AUFSPANN.                    
21894     Ausschleusplatz A   an Spannst. A              :                                                  
          Ausschleusplatz B   an Spannst. B              :                                                  
                                                        060  69  139   21238   #PV:W0400156-N0100158        
60604     Kontrollstation                                                      BO.HORIZ.FRAE.               
                                                                               STAENDERS.FTG.(HOCHSTELLG.)  
                                                        070   0   20   21850   ENTSPAEN.                    
                                                        075   0    7   21869   ABSPANN.                     
                                                        080   0   30   60405   #KO:01                       
                                                                               PRUEF.N.GPV 90.0809          
                                                        085   0    0   21891   AUSSCHLEUS.                  
                                                        090   0   32   24885   KANT.BRE.U.VPZ.              
                                                        100  20  153   23775   SCHL.FL.STAENDERFLAE.        
                                                                               RICHTSCHR.EIN U.AUSSCHR.     
                                                         :                                                  
Zuordnung der Stationen zu                              Auszug aus einer Arbeitsplanstammkarte
Arbeitsplatzgruppen  (nach GERA 1987)      



Die Grundlage der Basisanalyse bilden Fertigungsaufträge, deren Arbeitspläne mit Arbeitsplanstammkarten beschrieben werden. Diese stellen in unserem Fall den Ausgangspunkt der Basisanalyse dar.

In einem ersten Schritt werden die Operationen der APSK klassifiziert nach den Operatoren, die zu ihrer Ausführung notwendig sind. Dies sind die Operatorklassen "FMS", deren Elemente in der Tabelle aufgezählt sind, und "andere Operatoren".

Die APSK-Operationen zwischen den Arbeitsgängen "Einschleusen" und "Ausschleusen" repräsentieren einen vom FMS auszuführenden Auftrag. Es zeigt sich, daß in der Prozeßstruktur für derartige FMS-Aufträge verschiedene Arten von Operanden zu hantieren sind, da im FMS nur "auf Paletten gespannte Teile" bearbeitet werden können.


     +..............................................+
     |                         1:1                  |
     V                                              |             
 _________                                 ___________________
|         |   n:1                   1:n   |                   |
| Rohteil |---------+           +-------->| Teil (bearbeitet) |
|_________|         V           |         |___________________|
                 ___________________
                |                   |
                | Palette mit auf-  |
                | gespannten Teilen |
 _________      |___________________|      ___________________
|         |         ^           |         |                   |
| Palette |---------+           +-------->| Palette (genutzt) |
|_________|   1:1                   1:1   |___________________|
     ^                                              |
     |                   1:1                        |
     +..............................................+

Kantenbewertung: n:m <--> n Operanden gehen in m Operanden ein
Die gepunkteten Rückführungen deuten die Wiederverwendbarkeit
der Operanden an (bei Teilen ein erneutes Aufspannen)

Operandenstruktur für einen FMS-Auftrag



Dies führt zur Trennung von teile-orientierten Operationen (Ein- bzw. Ausschleusen (Ein, Aus), Auf- bzw. Abspannen (Aui, Abi)) und Palettenaufträgen (PAi) in der Prozeßstruktur, die somit aus zwei Ebenen besteht.


       _____________     _____________     _____________ 
      |             |   |             |   |             |
 ..   | Operationen |   | Operationen |   | Operationen |    ..
   -->|  außerhalb  |-->|    im FMS   |-->|  außerhalb  |-->
      |_____________|   |_____________|   |_____________|
                       /               \
 _____________________/                 \_______________________
/                                                                
 _____      _____     _____     _____      _____     _____     _____     _____
|     |    |     |   |     |   |     |    |     |   |     |   |     |   |     |
| Ein |===>| Au1 |-->| PA1 |-->| Ab1 |===>| Au2 |-->| PA2 |-->| Ab2 |-->| Aus |
|_____| n1 |_____|   |_____|   |_____| n2 |_____|   |_____|   |_____|   |_____|

a ---> b <--> a ist direkte Vorgängeroperation von b
a ===> b <--> n Teile, die durch a erzeugt werden, sind
   n          Voraussetzung für b

Hierarchische Prozeßstruktur nach zwei Schritten der Basisanalyse



4.2. Analyse der Palettenaufträge und Spannoperationen

Palettenaufträge und Bearbeitungsoperationen (Basisprozeßanalyse)

Die Palettenaufträge bestehen aus einer Folge von Bearbeitungsoperationen im FMS. Diese werden auf Arbeitsplatzgruppen im Fertigungssystem ausgeführt. Die Zuordnung der Bearbeitungsoperationen zu den Arbeitsplatzgruppen ist in der APSK angegeben (siehe oben).

Eigenschaften der Bearbeitungszentren (Basissystemanalyse)

Die auf einem Bearbeitungszentrum auszuführenden Operationen werden durch NC-Programme beschrieben, die durch eine CNC-Steuerung abgearbeitet werden.

Um eine bestimmte Operation ausführen zu können, muß das Bearbeitungszentrum über einen bestimmten Werkzeugsatz verfügen und ein bestimmtes NC-Programm geladen haben. Die Informationen darüber können wir wieder der APSK entnehmen. Für solche Angaben ist in der APSK jedoch kein bestimmter Platz festgelegt. Deshalb wird dazu die Spalte "Bemerkungen" genutzt. Syntax und Semantik der Eintragungen wurden betriebsintern in GERA 1987 festgeschrieben (s. APSK: "#PV ...").

Die NC-Programmversorgung eines Bearbeitungszentrums ist eine Aufgabe des Steuerungsprozesses. Deshalb wird sie hier zwar erwähnt aber nicht weiter untersucht.

Anders sieht es mit der Bereitstellung des benötigten Werkzeugsatzes aus. Hier stoßen wir erstmals auf einen Prozeß, der nicht in der APSK enthalten ist. Dieser Prozeß muß selbstverständlich in der Basisprozeßanalyse auf dieser Ebene erscheinen.

Bereitstellungsoperationen für Werkzeugsätze (Basisprozeßanalyse)

Die Bereitstellungsoperationen werden vom VWP-Operator ausgeführt. Damit ergibt sich für einen Palettenauftrag eine Prozeßstruktur, die keine Kette mehr ist.


 ________________            ________________ 
|                |          |                |
| Werkzeugsatz-  |          | Werkzeugsatz-  |
| bereitstellung1|          | bereitstellung2|
|________________|          |________________|
            |                           |
            V  WZS1                     V WZS2
         ________________            ________________  
        |                |          |                | 
        | Bearbeitungs-  |          | Bearbeitungs-  | 
        | operation1     |--------->| operation2     | 
        |________________|          |________________| 


Palettenauftrag mit Bereitstellungsoperationen



Die Bereitstellungsoperationen besitzen keine Vorgängeroperation. Sie sind auch nicht vom Vorhandensein bestimmter Operanden abhängig. Damit sind sie initial aktiviert, auch wenn der Palettenauftrag, dessen Bestandteil sie sind, noch nicht vollständig aktiviert ist. Hier zeigt sich die Notwendigkeit, die in Abschnitt 3.5. formulierte Aktivierungsbedingung anzuwenden. Da der Beginn von Bereitstellungsoperationen nicht durch das Ende der vorhergehenden Spannoperation bestimmt wird, können sie schon früher begonnen werden. Diese Feststellung ist aber nur für die Steuerung relevant, wie diese realisiert, daß die Bereitstellungsoperationen noch vor dem eigentlichen Beginn eines Palettenauftrages angewiesen werden, soll uns bei der Basisanalyse nicht interessieren.

Werkzeuge, Werkzeugsätze und Engpaßwerkzeuge (Basisoperandenanalyse)

Werkzeugsätze sind relativ lose Gruppen von Werkzeugen, die für bestimmte Aufgaben zusammengestellt werden. Im FMS gelte als Werkzeugsatz eine Gruppe von Werkzeugen, die sich gleichzeitig auf einem Bearbeitungszentrum befinden. Ebenfalls denkbar ist eine Definition, die erlaubt, daß sich mehrere Werkzeugsätze auf einer Maschine befinden können.

Werkzeugsätze werden durch Bereitstellungsoperationen zusammengestellt. Zusätzlich ist es erforderlich, Daten der Werkzeuge (sog. Korrekturwerte) für die NC-Programme zu erfassen.

Ein spezielles Werkzeug kann logisch zu mehreren Werkzeugsätzen gehören. Da es aber physisch nur einmal zur Verfügung steht, kann auch nur einer dieser Werkzeugsätze zu einem gegebenen Zeitpunkt existieren. In analoger Weise gilt dies auch, wenn mehrere gleiche Werkzeuge vorhanden sind. Wird ein Werkzeug sehr häufig benötigt, so wird es als Engpaßwerkzeug bezeichnet.

Bisher treten bei der Basisanalyse nur Werkzeugsätze auf. Wir erkennen hier jedoch, daß die Möglichkeit der Bereitstellung von Werkzeugsätzen vom Vorhandensein aller dazugehörenden Werkzeuge, insbesondere der Engpaßwerkzeuge abhängt. Damit ergibt sich für die Bereitstellungsoperationen eine andere Aktivierungsbedingung. Das erfordert außerdem die Hantierung von Operationen, die die Werkzeugsätze wieder in ihre Bestandteile auflösen. Wir wollen jedoch die Auswirkungen dieser Analyse unberücksichtigt lassen, da sie derzeit nicht wesentlich erscheinen.

Spannoperationen (Basisprozeßanalyse)

Die Spannoperationen sind Bestandteile der Prozeßstruktur der FMS-Aufträge. Da sie in der APSK enthalten sind, besitzen wir für eine weitere Dekomposition vorerst keine Anhaltspunkte. Sie sorgen dafür, daß Teile mit Systempaletten verbunden bzw. von ihnen getrennt werden. Wir wollen deshalb die Paletten einmal näher beleuchten.

Systempaletten und Spannvorrichtungen (Basisoperandenanalyse)

Wie oben bereits beschrieben, sind die Paletten eine grundlegende Voraussetzung für die Bearbeitung der Werkstücke im FMS. Da leere Paletten im System auf den Lagerplätzen verbleiben müssen, ist die Zahl der Paletten im System begrenzt und konstant. Damit Teile auf die Paletten gespannt werden können, müssen sich bestimmte Spannvorrichtungen auf den Paletten befinden. Die Art der Spannvorrichtung hängt von dem Teiletyp ab, der auf die Palette gespannt werden soll. Damit kann vor jedem Aufspannen eine Einrichteoperation für die Palette notwendig werden. Wird im FMS mit einem relativ festen Produktionsprogramm gearbeitet, so stellen solche Paletteneinrichteoperationen eher die Ausnahme, denn die Regel dar. Wir wollen hier nur diesen einfachen Fall betrachten. Wir gehen also davon aus, daß für einen bestimmten Teiletyp stets mindestens eine Palette zur Verfügung steht.


Damit haben wir in der Basisanalyse einen Stand erreicht, in dem alle in der Arbeitsplanstammkarte enthaltenen Arbeitsgänge explizit vorkommen. Weiterhin haben wir die Operanden des FMS analysiert und klassifiziert. Um eine Steuerung des Gesamtprozesses zu entwerfen, reicht die Analyse jedoch noch nicht aus. Es gibt z.B. noch keine Transportprozesse. Wir sind also noch nicht fertig.

4.3. Analyse der APSK-Operationen

APSK-Operationen, Einrichte- und Transportoperationen (Basisprozeßanalyse)

Wir stellen fest, daß wir sowohl die in der APSK enthaltenen Spannoperationen als auch die Bearbeitungsoperationen weiter dekomponieren können. Allgemein bestehen sie aus einer Einrichteoperation für den ausführenden Operator, einem Antransport einer Palette, der eigentlichen Operation und dem Abtransport der Palette. Die Darstellung dieser Struktur heben wir uns noch kurz auf.

Wir wollen uns zunächst die Systemelemente erarbeiten, die die neu eingeführten Operationen auszuführen haben.

Transportsystem, Einrichter, Virtuelle Zellen (Basissystemanalyse)

Der Palettentransport innerhalb des flexiblen Fertigungssystems wird durch das Transportsystem abgewickelt. Dieses besteht aus einem schienengebundenen Transportroboter (STR) sowie aus dem Schienenweg. Der STR ist in der Lage, alle denkbaren Palettentransportoperationen im Fertigungssystem auszuführen. Er kann die Paletten auf die Lagerplätze bringen, die Bearbeitungszentren und Spannplätze ver- und entsorgen oder Leerfahrten ausführen.

Die Einrichteoperationen müssen im FMS noch manuell durchgeführt werden. Es gibt zwar auf dem internationalen Markt bereits Werkzeugmaschinen, die einen kompletten Werkzeugsatz in drei Minuten vollautomatisch wechseln können (s. HAMMER), solche gehören aber in der DDR noch nicht zur Standardausrüstung für FMS. Der manuelle Werkzeugsatzwechsel kann bis zu einer halben Stunde dauern. Aber ob manuell oder automatisch, in jedem Fall muß es einen Operator geben, der die Einrichteoperation ausführt. Beim automatischen Werkzeugsatzwechsel ist es ein bestimmter Teil der Werkzeugmaschine, bei manuellem Wechsel der Einrichter.

Eine konkrete APSK-Bearbeitungsoperation wird stets einem konkreten Operator zugeordnet, hier einem Bearbeitungszentrum. In unseren bisherigen Analysen konnten alle Operationen einer Prozeßstruktur auf einem Operator ausgeführt werden, der zur Systemstruktur des dem übergeordneten Prozeß zugeordneten Systemelements gehört. Diese Regel scheint nun durchbrochen.

Bei automatischem Werkzeugsatzwechsel gehört zwar der Einrichtoperator noch zur Maschine, bei manuellem Wechsel der Werkzeugsätze jedoch hat sich ein Einrichter um mehr als nur eine Maschine zu kümmern. Das Transportsystem kann erst recht nicht einem bestimmten Operator zugeordnet werden.

Da sowohl das Transportsystem als auch der Einrichter zu einem gegebenen Zeitpunkt nur eine konkrete Operation ausführen können, können wir sie zu diesem Zeitpunkt als zum Bearbeitungszentrum oder Spannplatz oder Entspanroboter gehörend betrachten. Die Vereinigung von Maschine, Einrichter und Transportsystem wollen wir aber nicht Maschine nennen, wie wir das aus Mangel an besserem Wissen in den vorhergehenden Abschnitten taten, sondern eine solche Gruppe heiße Virtuelle Zelle (ENGELIEN 1987). Virtuell zum ersten deshalb, weil diese Zellen nicht als solche im Basissystem konzipiert sind und zum zweiten, da Transportsystem und Einrichter nur für eine gewisse Zeit zur Zelle gehören. Sie stellen damit geteilt genutzte Ressourcen dar.

Zellenaufträge (Basisprozeßanalyse)

Der eingeführte Zellenbegriff hat natürlich auch Auswirkungen auf die Basisprozeßanalyse. Die bisher als Operationen aus der APSK hantierten Spann- und Bearbeitungsoperationen stellen sich jetzt als Zellenauftrag dar. Ein Palettenauftrag enthält also neben Bereitstellungsoperationen Zellenaufträge für die Bearbeitung und ein FMS-Auftrag enthält außer Einschleusoperationen und Palettenaufträgen Zellenaufträge zum Spannen.


 _____________
|           *1|
| Einrichten  |       _____________        _____________
|_____________|----->|             |      |           *2|
 _____________       | Bearbeiten  |----->| Abtransport |
|             |----->|_____________|      |_____________|
| Antransport |
|_____________|

*1 - Einrichten kann entfallen, falls das Bearbeitungszentrum
     schon eingerichtet ist; entfällt stets beim Entspanen.
*2 - Abtransport kann entfallen, wenn festgelegt ist, daß eine
     fertig bearbeitete Palette solange an der Maschine bleibt,
     bis sie weiterbearbeitet werden kann oder bis die Maschine
     wieder benötigt wird.

Dekomposition eines Zellenauftrags (Bearbeiten)


 _____________    _____________    _________    _____________ 
|           *1|  |           *2|  |         |  |           *3|
| Abtransport |->| Antransport |->| Spannen |->| Abtransport |
|_____________|  |_____________|  |_________|  |_____________|

*1 - Abtransport (einer leeren Palette) entfällt, wenn sich auf
     dem Spannplatz keine Palette befindet oder die vorhandene
     Palette die benötigte ist.
*2 - Antransport kann entfallen, wenn sich die benötigte Palette
     bereits am Spannplatz befindet.
*3 - Abtransport kann nach Abspannoperationen entfallen, da die
     abgespannten Paletten in der Regel sofort wieder benötigt
     werden.

Dekomposition eines Zellenauftrags (Spannen)



Die angegebenen Prozeßstrukturen für die Zellenaufträge stellen den maximalen Umfang eines solchen Auftrags dar. In Abhängigkeit von der gegebenen Situation auf Bearbeitungszentren und Spannplätzen können bestimmte Operationen entfallen (Einrichten, Antransport leerer Paletten). Daß ein Abtransport leerer Paletten nach dem Abspannen entfallen kann, wurde durch den Betrieb vorgegeben. Dies verspricht eine geringere Belastung des Transportsystems. Aus dem gleichen Grund könnten auch Paletten mit bearbeiteten Teilen vorerst an den Operatoren belassen werden. Hier wird sich jedoch meistens ein sofortiger Abtransport notwendig machen, da eine hohe Auslastung der Maschinen gewährleistet werden muß.

4.4. Transport

Transportaufträge und Transportoperationen (Basisprozeßanalyse)

Die Aufträge an das Transportsystem können vielfältiger Natur sein. Im Gegensatz zur MPS-Lösung, in der nur vollständig beschriebene Transportaufträge in der Form "Bringe Palette xx von yy nach zz" hantiert werden, gibt es in unserer Lösung auch unvollständig beschriebene Transportaufträge. Wir sahen bereits die Haupttypen der Transportaufträge, die durch "Antransport von Palette xx" bzw. "Abtransport von Palette xx" beschrieben wurden.

Jeder vollständige Transportauftrag kann, wie im Folgenden dargestellt, dekomponiert werden.


 ___________     _____________     ___________     ____________
|           |   |             |   |           |   |            |
| Leerfahrt |   | Beladen mit |   | Lastfahrt |   | Entladen v.|
| nach yy   |-->| Palette xx  |-->| nach zz   |-->| Palette xx |
|___________|   |_____________|   |___________|   |____________|


Dekomposition eines vollständigen Transportauftrages



Durch unvollständig beschriebene Transportaufträge wird nur ein Teil der angegebenen Prozeßstruktur definiert. Die Definition der anderen Transportoperationen ergibt sich aus der aktuellen STR-, Lager- und Übergabeplatzbelegung.

Ein Transportauftrag der Form "Antransport von Palette 1" beispielsweise definiert mindestens die Entladeoperation. Das Ziel ist implizit durch die virtuelle Zelle, für die diese Transportoperation auszuführen ist, definiert. Falls der STR diese Palette bereits geladen hat und sich an der Übergabestation des Transportziels befindet, entfällt die Lastfahrt. Befindet er sich nicht am Ziel, aber hat die Palette bereits geladen, so muß die Lastfahrt ausgeführt werden. Hat er die Palette noch nicht geladen, so muß er an den Ort fahren, an dem sich die Palette befindet. Er muß sie laden und anschließend die Lastfahrt und das Entladen durchführen.

Die Ausführung von Transportaufträgen der Form "Abtransport von Palette xx" ist bereits nach dem Beladen zu Ende, denn mehr hat die virtuelle Zelle nicht verlangt. Nun ist aber klar, daß die Palette nicht auf dem STR liegen bleiben kann. Die beiden restlichen Operationen eines vollständigen Transportauftrages müssen also noch ausgeführt werden. Dafür gibt es zwei Möglichkeiten.

Wenn das Transportsystem für diese Palette auch einen Antransport-Auftrag ausführen muß, kann es die Palette gleich zum neuen Bestimmungsort befördern. Anderenfalls muß die Palette auf einem freien Lagerplatz zwischengelagert werden. Die Zwischenlagerung wollen wir aber nicht in den Arbeitsplan für einen Transportauftrag aufnehmen, da es auch technologisch bedingte Lageroperationen geben kann.

Transportsystem und Lager (Basissystemanalyse)

Wie wir bereits gesehen haben, ist das Transportsystem für die Ausführung aller Transportoperationen verantwortlich. Wenn Transporte nicht bis zum Ende definiert sind, müssen sie unterbrochen werden, die Paletten werden zwischengelagert bis sie wieder benötigt werden. Diese Zwischenlagerung wird durch die Lagerplätze realisiert. Hier zeigt sich die enge Verbindung von Transport- und Lagersystem.

Das Lager führt ebenfalls die technologisch bedingten Lageroperationen aus.

4.5. Hierarchie der Basisprozesse

Durch die Analyse des Basisprozesses in Bezug auf das vorhandene Basissystem sind wir zu immer konkreteren Aussagen über die Struktur des Basisprozesses gelangt. Die Hauptmittel der Analyse waren Komposition und Dekomposition von Prozessen. Indem wir immer wieder versuchten, auf der Grundlage der Basissystemstruktur und der APSK Prozesse zu komplexeren Prozessen zusammenzufassen oder in ihre Teilprozesse zu zerlegen, näherten wir uns einer vollständigen Beschreibung des Basisprozesses immer mehr an. Selbstverständlich kann diese Analyse nie vollkommen sein, jeden Prozeß könnte man noch weiter dekomponieren bis zur geringsten Atombewegung (und die moderne Physik lehrt, daß auch dort noch nicht Schluß ist).

Wir können also die Prozesse nur begrenzt dekomponieren. Doch wie weit muß man dabei gehen? Die Antwort auf diese Frage hängt davon ab, wie wir die Frage "Was wollen wir erreichen?" beantworten. In unserem Fall soll uns die Dekomposition der Basisprozesse Mittel in die Hand geben, die uns erlauben, eine Steuerung für ein FMS zu entwerfen und zu implementieren. Daraus folgt, daß wir die Dekomposition solange durchführen müssen, wie wir die entstehenden Strukturen auch steuern können. Wenn es in irgendeiner Prozeßstruktur eine Operation gibt, die wir nicht steuern können oder über deren Verlauf wir keine Informationen erhalten, so können wir auch das gesamte System nicht steuern. Das gilt auch für Basisoperationen, die bisher überhaupt nicht diskutiert wurden, wie Ausschußbeseitigung, Werkzeugwechsel wegen Bruch, Gütekontrolloperationen u.ä.

Was machen wir nun mit unserem Ergebnis der Prozeßanalyse? Eine Möglichkeit wäre, die Operationen, die weiter zerlegt wurden, durch ihre innere Struktur zu ersetzen. Das würde aber zu sehr unübersichtlichen Arbeitsplänen führen, die der Steuerung des Systems dann auch das Leben schwer machen könnten. Eine andere Möglichkeit ist die, das Ergebnis so aufzuheben, wie wir es auch erhalten haben, mit allen dazu verwendeten Schritten. Wir können es als eine Hierarchie der Basisprozesse darstellen und verlieren so nie den Gesamtüberblick.

Und der erste Schritt zur Steuerungsprozeßstruktur ist das Erkennen der Hierarchieebenen des Basisprozesses. Genau diese Ebenen werden wir im Steuerungsprozeß wiederfinden.

Elemente der Basis für ein FMS

Übergeordnete Prozeßeinheit

Untergeordnete Prozeßeinheiten

Systemelemente

Operandeneinheiten

Betriebsauftrag

Fertigungsauftrag

Produktionsbetrieb

Werkzeugmasch.
Einzelteile

Fertigungsauftrag

FMS-Auftrag, andere Operationen

FMS, andere Abteilungen

Teile

FMS-Auftrag

Spannzellenauftrag, Palettenauftrag

Spannzelle, FMS-"Rest"

Teile, Paletten

Palettenauftrag

Bearbeitungszellenauftrag, Bereitstellungsoperation

Virtuelle Zellen, VWP-Operator

Paletten mit Teilen, Werkzeugsätze

Spannzellenauftrag

Transportauftrag, Spannoperation

Transportsystem, Spannplatz

Teile, Paletten, (Spannvorrichtungen)

Bearbeitungszellenauftrag

Transportauftrag, Einrichtoperation, Bearbeitungsoperation

Transportsystem, Einrichter, Bearbeitungsoperator

Paletten mit Teilen, Werkzeugsätze

Bereitstellungsoperation

 

VWP-Operator

Werkzeugsätze, Werkzeuge, Engpaßwerkzeuge

Transportauftrag

Transportoperation, Lageroperation

Transportroboter, Lagerplätze

Paletten


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