Grundideen für die Verteidigung

(Erste Gedanken zur Problematik)

CAM läßt sich heutzutage nicht mehr losgelöst von CIM-Konzepten betrachten. Die Analyse verschiedener CIM-Konzepte in Bezug auf CAM ergibt:

Allen CIM-Konzepten ist gemeinsam, daß sie nur von dem CIM-Konzept sprechen und dabei ihr CIM-Konzept meinen.


Die Probleme der derzeitigen CIM-Konzepte bestehen darin:

  1. Die Prozeßsteuerung als Teil der Planung ist nicht in der Lage, schnell und optimal auf Abweichungen vom Produktionsplan zu reagieren. Da optimale Pläne nur durch umfangreiche Berechnungen zu erstellen sind, die Wechselwirkungen auf der untersten Ebene aber sehr komplex sind, sind Reaktionen auf einfachste Störungen ebenfalls aufwendig zu realisieren. Zusätzlich kommt die Forderung nach Echtzeit hinzu. Daraus ergibt sich für alle CIM-Konzepte: Wir brauchen für die Produktionssteuerung "Künstliche Intelligenz" und noch schnellere Rechner. Glücklicherweise scheint die Hardware-Entwicklung noch nicht am Ende zu sein, es gibt immer wieder schnellere Rechner, die irgendwann auch billiger werden, nämlich dann, wenn noch schnellere Rechner auf den Markt drängen. Doch kann die Software-Krise überwunden werden, indem die Hardware-Entwicklung forciert wird?
  2. Armeen von Systemanalytikern und Mathematikern entwickeln ständig neue Algorithmen und Verfahren zu optimalen Steuerung von Produktionsprozessen. In dem Drang, ein gegebenes Problem immer vollständiger und "optimaler" zu lösen werden die Verfahren immer spezieller, undurchschaubarer und fehleranfälliger. In der Regel sind sie in der Praxis nicht zu verwenden, da sie trotz aller Komplexität nicht in der Lage sind, alle Gegebenheiten zu berücksichtigen. Außerdem sind sie nicht erweiterbar und besitzen einen immer kleineren Geltungsbereich. Jeder Arbeiter, der ein Teil mit Hilfe des Hallenkrans von einer Maschine nehmen kann ohne das gesteuerte Transportsystem zu nutzen, kann die mit hohem Aufwand berechnete Optimallösung wertlos machen und doch zu besseren Produktionsergebnissen gelangen. Einfache FIFO-Algorithmen erzielen meistens schon gute Ergebnisse in wesentlich kürzerer Zeit.
  3. In CIM-Konzepten ist in der Regel auch ein Leitstand vorgesehen. Die Aufgabe dieses Leitstandes besteht darin, manuelle Eingriffe in den Prozeßablauf zu ermöglichen. Er befindet sich auf der Ebene der Systemsteuerung. Je größer das System ist, desto umfangreicher müssen die Leitstandsfunktionen gestaltet werden, desto mehr Unterstützung muß dem Leitstandspersonal gegeben werden. Hier besteht die Notwendigkeit, Decision Support Systeme zu implementieren, die wiederum nicht ohne KI auskommen können. Außerdem werden schnelle graphische Ausgaben verlangt, womit wir wieder beim Widerspruch zwischen Hard- und Software-Entwicklung angelangt wären.
  4. Die Entwicklung schnellerer und immer vollkommenerer Hardware hat dazu geführt, daß es heute CAD-Systeme wie Sand am Meer gibt. Nun wird darum gerungen, verbindliche Schnittstellen von CAD zu den anderen CIM-Komponenten festzulegen. Jedes Unternehmen besitzt jedoch seine Spezifika, die durch Art, Größe oder Geschichte des Unternehmens und durch eine Vielzahl anderer Faktoren bestimmt sind. So viele Unternehmen es gibt, so viele Datenbank-Strukturen, Stücklisten oder Produktionspläne gibt es auch. Selbst wenn sich ein Unternehmen an Standards oder Quasistandards orientiert, werden irgendwo doch Abweichungen im Sinne der effizienten Arbeit getroffen worden sein. Oder man hält sich aus Gründen des Geheimnisschutzes an keine Standards. Schon die Einbindung eines konkreten CAD-Systems in ein konkretes CIM-Konzept dürfte, so gesehen, arge Schwierigkeiten bereiten. Der Ausweg, das CAD-System zu benutzen, daß der Konzeptanbieter vertreibt ist für die meisten Unternehmen nicht rentabel, da dieses System entweder nicht alle Anforderungen des Unternehmens erfüllt oder die schon vorhandenen Unternehmensdaten nicht nutzen kann. Meist trifft beides zu. Und ... warum sollte, was für die Einbindung von CAD-Systemen in CIM-Konzepte gilt, nicht auch für andere Komponenten gelten?


Neben diesen Problemen, mit denen die CIM-Konzepte zu kämpfen haben, existiert noch eine weitere Form des CIM-Dilemmas. Diese liegt aber nicht in einem Konzept begründet und wird daher auch nicht von den Konzepten berücksichtigt. Dieses Problem erschließt sich nur denen, die sich mit mindestens zwei CIM-Konzepten beschäftigen. Es wird durch folgende Fragestellung sichtbar: "Gegeben sind zwei CIM-Konzepte, die durch mehr oder minder aussagekräftige Graphiken dargestellt werden. Abstrahieren wir von der Form der Graphik, so erhalten wir eine Struktur der CIM-Komponenten. Da beide Konzepte richtig sind (sein sollen), müssen die Strukturen mindestens homomorph zueinander oder zu einer dritten, noch zu findenden Struktur sein. Diese Homomorphie muß gefunden werden, aus ihr kann die Qualität des Konzeptes abgeleitet werden."

So, und nun geht das Grübeln los: zwei Konzepte, zweimal CIM und doch so verschieden voneinander, Siemens' CAI, Scheers Y-Diagramm, das Factory Automation Model oder, oder ...


Zu guter Letzt noch ein Hieb in eigener Sache: Es dürfte kaum einen ernstzunehmenden Wissenschaftler geben, der die Fundamentalrelation zwischen Basis und Steuerung nicht anerkennen würde, sobald sie ihm erst einmal dargelegt wird. Da diese Relation so einfach überschaubar ist, kann sie auch als CIM-Konzept durchgehen. Doch wo findet sie sich in den anderen Konzepten wieder, sie ist nicht erkennbar. Doch was allgemein gilt, muß auch speziell gelten. Einmal auf dieses Problem gestoßen, kann jedes CIM-Konzept mit der Bemerkung durchgehen, daß nur die Steuerung dargestellt wird, soll heißen, dies ist die Struktur, die homomorph zu jedem CIM-Konzept ist.

Nun geht's aber weiter: Ist die Bedeutung der Fundamentalrelation einmal anerkannt, so kann man sich auch nicht der Tatsache verschließen, daß sich die Steuerung nach der Basis zu richten hat, und das nicht nur, weil es schon Marx erkannt hat. Nun hält aber kein CIM-Konzept der Frage nach seiner Begründung stand, solange es sich nicht durch die Struktur seiner Basis begründen kann. Woraus erstens der intuitive Charakter aller bisherigen CIM-Konzepte erhellt, und zweitens die grundlegende Rolle der Basisanalyse (die Dreieinigkeit von Basisoperationen, -operatoren und -operanden) begründet wird.


Und nun zeigt es sich, daß jedes Steuerungssystem durch Strukturen dieser Basiselemente bestimmt wird. Diese Strukturen sind erkennbar und klassifizierbar. Und ... auf der Grundlage dieser Strukturen ist eine Steuerung unter allen Umständen möglich, eine Steuerung, die ohne optimierende Planung auskommt. Die Planung ist nichts weiter als eine Steuerung der Steuerung oder besser: Die Planung liefert die Vorgaben, die die Steuerung berücksichtigen sollte (bzw. muß), solange der Zustand der Basis nicht vom vorausberechneten Zustand abweicht.

Und genau diesen Ansatz beherrscht die CAMARS-Technologie bereits. Notwendig ist nun folgendes: Es muß gelingen, für jede Art von Basisprozeß eine möglichst gute Planung zu finden. Um Mehrfachentwicklungen zu vermeiden, müssen die existierenden Lösungen auf ihren Anwendungsbereich für bestimmte Klassen von Basisstrukturen untersucht werden.


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Dr. Uwe Doetzkies

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